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Hier finden Sie Hörkommentare zur Arbeit von Immanuel Beratung.
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Auswirkungen der Corona-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen
Über die Sorgen und Probleme von Kindern und Jugendlichen spricht die Einrichtungsleiterin der Immanuel Beratung Marzahn Anne-Kathrin Hoelzmann in der Sendung „Natürlich gesund“ bei Radio Paradiso.
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Erziehungsberatung
Familienberaterinnen Anett Schwalbe und Regine Jürgens sprechen über Entwicklungsschritte und -krisen kleiner und großer Kinder, Erziehungskonflikte der Eltern und andere Herausforderungen bei der Erziehung von Kindern.
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Prävention und Gesundheitspsychologie
Stefanie Lemmer, Beraterin im Gesundheitsmanagement bei Immanuel Dialog, spricht in der Sendung „Natürlich gesund“ auf Radio Paradiso über Prävention und Gesundheitspsychologie allgemein und in Corona-Zeiten.
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Vermittlung, Beratung und Unterstützung – zur Arbeit des Adoptionsdienstes Berlin
Karola Yohannes und Monika Castronari vom Adoptionsdienst Berlin sprechen mit Radio Paradiso über ihre vielfältigen Aufgaben sowie die Voraussetzungen für eine Adoption, mögliche Frage- und Problemstellungen der abgebenden und der adoptierenden Eltern, und der adoptierten Kinder und Erwachsenen.
Christiane Winkelmann
Schönen guten Abend, Sie hören Radio Paradiso, ich bin Christiane Winkelmann. Und in meiner Sendung mehr als Ja und Amen geht es heute um den Adoptionsdienst Berlin. Das ist ein Gemeinschaftsprojekt der Immanuel Diakonie und der Caritas.
Und ich spreche mit Carola Johannes und Monika Castronari, die hier arbeiten. Fangen wir vielleicht mal mit Ihnen an, Frau Johannes. Was genau ist Ihre Aufgabe hier beim Adoptionsdienst Berlin?
Karola Yohannes
Ja, der Adoptionsdienst hat die Aufgabe für Kinder, die nicht mehr bei ihren Eltern leben können, ein neues Zuhause zu suchen, also neue liebevolle Eltern. Und alle Arbeiten, die dazugehören, die Gespräche mit den abgebenden Eltern, schwangeren Frauen, Herkunftsfamilien, die Vorbereitung der Adoptionsbewerber, letztendlich die Vermittlung der Kinder in Adoption und auch die Begleitung der Familien während der Zeit der Adoptionspflege. Das ist so grob umrissen unser gesamtes Aufgabenbild.
Christiane Winkelmann
Wie ist es bei Ihnen, Frau Castronari?
Monika Castronari
Ja, ich habe die gleichen Aufgaben zu bearbeiten. Und wir beraten auch Jugendliche oder Erwachsene, Adoptierte, die nach ihren Wurzeln suchen.
Christiane Winkelmann
Das ist also nochmal ein ganz anderer Bereich, der da mit hinzukommt.
Monika Castronari
Ja, es ist praktisch ergänzend und hat nochmal einen ganz eigenen Schwerpunkt.
Christiane Winkelmann
Über den Schwerpunkt wollen wir auf jeden Fall später auch noch genauer reden. Zunächst einmal würde mich interessieren, die Bewerber, die hierher kommen, was müssen die mitbringen? Also wie stehen Chancen, ein Kind zu adoptieren?
Was sind da die Voraussetzungen, dass das gelingen kann?
Karola Yohannes
Also es gibt eine ganze Reihe von formalen Voraussetzungen und dann natürlich auch persönliche Voraussetzungen. Also formale Voraussetzungen sind Gesundheit, das Alter, Einkommen, gesichertes Einkommen, gesicherte Wohnverhältnisse, sie müssen ein Führungszeugnis vorlegen, wir schicken sie im Laufe des Verfahrens zum Amtsarzt und besuchen auch die Bewerberpaare zu Hause. Und während des gesamten Vorbereitungsprozesses sprechen wir sehr intensiv über Motive, warum sich Paare ein Kind wünschen, wie sie mit der eigenen Kinderlosigkeit und der Trauer damit umgegangen sind, welche Vorstellungen sie zum Kind haben, wie sie ein Kind durchs Leben begleiten wollen, wie sie einem angenommenen Kind vermitteln wollen, woher es kommt, was die Geschichte der Herkunftseltern ist.
Und die Bewerber müssen auch bereit sein, mögliche Treffen mit Vätern oder Müttern auch mit uns zu gestalten im Interesse des Kindes. Also, dass sowohl die Adoptivfamilie mit dem Kind und die Herkunftsfamilie hier bei uns auch zusammentreffen können, maximal zweimal im Jahr.
Christiane Winkelmann
Das ist ja eine ganze Menge, was dazu gehört. Wie lange dauert so ein Prozess in der Regel, bis also das Elternpaar als geeignet eingestuft werden kann?
Monika Castronari
Zwischen einem halben und dreiviertel Jahr, praktisch wie eine Schwangerschaft, sonst auch. Und wir machen es ganz bewusst, dass wir da so viel Zeit einplanen, weil es soll ja ein Prozess sein. Und die Bewerber sagen uns auch immer, dass es gut ist, so viel Zeit zu haben, auch wenn sie am Anfang vielleicht theoretisch schon eine Menge wissen über Adoption.
Es ist doch etwas, was dann sehr in die Tiefe geht und die Emotionen halt auch sehr anspricht und beschäftigt. Zum Beispiel die Frage, was traue ich mir zu? Welche Herkunftsgeschichte darf mein Kind schon mitbringen?
Und sich diesem nach und nach anzunähern, da braucht man einfach Zeit.
Christiane Winkelmann
Was sind denn die drängendsten Fragen der Bewerber?
Monika Castronari
Zum Beispiel die Frage, gelingt es mir, ein Kind auch wirklich so zu lieben, ein Kind fremder Herkunft, als wäre es mein eigenes Kind? Und was passiert, wenn ich das nicht kann? Kann ich mir vorstellen, ein Kind zum Beispiel mit Migrationshintergrund aufzunehmen oder ein Kind von einer drogenabhängigen Mutter oder ein Kind, was zu früh geboren wurde?
Also diese Fragen beschäftigen die Bewerber natürlich auch sehr, zumal die meisten den Anspruch haben, dass sie eigentlich kein Kind irgendwie ausschließen wollen. Aber wir ermuntern immer sehr dazu, da ehrlich mit sich selber umzugehen, weil es soll ja dann für alle auch gut gelingen.
Christiane Winkelmann
Für wie viele Kinder in Berlin gelingt es denn gut? Darüber sprechen wir gleich bei mehr als Ja und Amen auf Radio Paradiso. Willkommen zurück zu mehr als Ja und Amen auf Radio Paradiso.
Ich bin Christiane Winkelmann und ich spreche mit Carola Johannes und Monika Castronari vom Adoptionsdienst Berlin. Frau Johannes, wie viele Kinder werden denn jährlich in Berlin adoptiert?
Karola Yohannes
Also in Berlin gibt es ja nochmal eine weitere Vermittlungsstelle. Bei uns kann ich sagen, sind es im Durchschnitt etwa 30 Kinder pro Jahr, überwiegend Neugeborene, aber es gibt auch immer wieder ein älteres Kind.
Christiane Winkelmann
Wollte ich gerade fragen, wie alt die Kinder sind im Schnitt?
Monika Castronari
Also wenn die Kinder schon ein bisschen älter sind, dann sind die meistens so bis anderthalb Jahre und ganz selten eben ein Kind, was auch mal zwei Jahre ist. Im letzten Jahr war eines vier Jahre alt und das Älteste sechs Jahre.
Christiane Winkelmann
Ich würde den Blick jetzt mal auf eine andere Perspektive lenken wollen, nämlich diejenigen, die hierher kommen und sagen, ich bekomme ein Kind, aber ich möchte es adoptieren lassen. Ich stelle mir diesen Weg unfassbar schwer vor. Also was für Aufgaben haben Sie da?
Karola Yohannes
Ja, das ist auch für die abgebenden Mütter wirklich ein sehr schwerer Weg, der auch mit vielen Schamgefühlen belastet ist. Wenn eine Frau in der Schwangerschaft den Zweifel hat, schaffe ich es denn für mein Kind alles zu tun, damit es ein gutes Aufwachsen haben wird, dann ist es so, dass die Frauen oftmals über eine Schwangerschaftsberatungsstelle zu uns kommen und wir bieten dann ein Gespräch an und hören dann erst einmal, in welcher Situation ist die Frau, was ist denn der Hintergrund, was macht es ihr so schwer und gibt es möglicherweise auch andere Hilfen, die es ihr dennoch möglich machen. Da muss man sehr sensibel gucken. Oft ist es so, dass eine Frau sich in der Schwangerschaft entscheidet und wir uns dann verabreden praktisch nach der Entbindung.
Wir sprechen dann nochmal mit ihr, wie ist es denn, soll es so bleiben, braucht sie nochmal eine Überlegenszeit.
Christiane Winkelmann
Und wenn sie sich entschieden hat, das Kind abzugeben, welche Hintergründe hat das denn meistens?
Karola Yohannes
Das ist sehr vielfältig, also von schwierigen materiellen Verhältnissen über gesundheitliche Probleme, Beziehungsprobleme, die Frauen sind alleine, die Frauen haben vielleicht schon ein, zwei oder mehrere Kinder und merken genau, sie haben nicht die Kapazität für ein weiteres Kind.
Christiane Winkelmann
Sind es häufig jüngere Frauen oder geht das auch von bis?
Monika Castronari
Das geht eigentlich von bis, also wir haben schon 13-jährige Mütter gehabt, aber auch Frauen, die schon 45 sind und die vielleicht sogar schon erwachsene Kinder haben und jetzt einfach in ihrem Leben nicht noch einmal von vorne anfangen können und oftmals eben auch keine Unterstützung dabei haben. Was sich die Frauen eigentlich alle immer wünschen, ist, dass es ihren Kindern gut gehen soll. Sie geben diese Kinder weg, weil sie sehen, sie selber schaffen es nicht, gut und kontinuierlich für das Kind zu sorgen.
Und sie wünschen sich immer liebe Eltern und das Beste für ihre Kinder.
Christiane Winkelmann
Und Sie sind dann diejenigen, die vermitteln und diesen Wunsch ja auch erfüllen.
Karola Yohannes
Ja, also wenn eine Frau sich meldet mit dem Wunsch Adoptionsfreigabe, dann haben diese Frauen auch die Möglichkeit zu sagen, wie soll die Familie denn sein, was wünsche ich mir da und sie können auch anhand von Kurzsteckbriefen oder Fotos drei Vorschläge von Bewerberpaaren angucken und eben so auch mit auswählen.
Christiane Winkelmann
Das ist ja ein wahnsinnig interessanter Aspekt, dass also die Mutter oder das Elternpaar, das sich entscheidet, das Kind zur Adoption freizugeben, mit aussuchen kann manchmal, wo das Kind hinkommt. Beruhigt dann das diese Eltern?
Karola Yohannes
Ja, das beruhigt. Also meine Erfahrung ist, dann ist es auch für die Abgebenden nicht so eine Blackbox. Was wird es sein?
Und sie haben so ein Stück mitgestalten können. Ich denke, das sind recht gute Voraussetzungen auch für weitere Treffen, wenn das Kind bei den Adoptiveltern angekommen ist und eben Kontakte dann auch hier stattfinden, also zwischen den abgebenden Eltern und der neuen Familie.
Christiane Winkelmann
Und wie laufen diese Treffen? Darüber sprechen wir gleich weiter bei mehr als Ja und Amen auf Radio Paradiso. Schönen guten Abend, Sie hören Radio Paradiso.
Ich bin Christiane Winkelmann. Bei mehr als Ja und Amen geht es heute um den Adoptionsdienst Berlin, ein Gemeinschaftsprojekt der Immanuel Diakonie und der Caritas. Und ich spreche mit Carola Johannes und Monika Castronari.
Frau Castronari, es gibt also Treffen zwischen den abgebenden Eltern und den neuen Eltern eines Kindes. Wie kann ich mir das vorstellen?
Monika Castronari
Ja, wir bieten also die sogenannte halboffene Adoption an und diese Treffen werden dann von uns begleitet. Sie finden hier in unserem Raum statt. Zeitlich sind die begrenzt auf eine gute Stunde.
Und alle Beteiligten sprechen sich dabei mit Vornamen an, sodass immer Familienname und Anschrift der Adoptivfamilie geschützt bleiben.
Christiane Winkelmann
Welche Wirkungen haben diese Treffen?
Monika Castronari
Für die abgebenden Eltern ist es dann gut zu sehen. Ich habe eine gute Entscheidung getroffen für mein Kind, meinem Kind geht es da gut. Das hilft ihnen auch, diese Weggabe des Kindes zu verarbeiten, denn die meisten brauchen dafür ja sehr, sehr lange Zeit und so ganz verbinden die Eltern das in der Regel nie.
Und für die Adoptivfamilie ist es schön zu sehen, wie sieht denn die Herkunftsfamilie meines Kindes aus und für die Kinder später selber natürlich auch. Es muss sich niemand Fantasien machen über die andere Seite, weil man sich einfach real erleben kann und auch Fragen stellen kann. Es wird eigentlich von allen immer sehr positiv empfunden.
Christiane Winkelmann
Gibt es Fälle von Reue, wo Sie mitbekommen haben, dass abgebende Eltern zu Ihnen gekommen sind und gesagt haben, wir möchten das eigentlich rückgängig machen?
Monika Castronari
Ja, das habe ich auch schon in zwei Fällen erlebt. Es besteht ja eine Möglichkeit, solange abgebende Eltern noch nicht vor einem Notar ihre Einwilligungserklärung gegeben haben, können sie das wieder rückgängig machen. Da würde dann das Jugendamt eingeschaltet werden und die Verhältnisse der Eltern überprüfen und gucken, ob irgendwas dagegen spricht, dass sie ihr Kind zurückhaben können.
Wir haben also immer wieder mal Fälle, wo dann abgebende Mütter oder Eltern ihre Kinder zurückbekommen.
Christiane Winkelmann
Wie lange war das Kind dann in der Adoptivfamilie?
Monika Castronari
Das längste, was ich erlebt habe, waren acht Monate.
Christiane Winkelmann
Ja, das stelle ich mir emotional für alle Seiten hochdramatisch vor.
Karola Yohannes
Für das Kind ist es ja auch noch mal ein Bindungswechsel. Wenn ein Kind nach der Geburt zu Adoptivfamilien kommt, hat es einen Bindungsabbruch. Dann lebt es dort und dann wieder zurück.
Das ist ungünstig, aber so ist die rechtliche Situation. Und es ist auch das Recht der leiblichen Eltern.
Christiane Winkelmann
Über Bindungsabbrüche wollen wir auch noch mal vertiefend sprechen. Hier gibt es also die Möglichkeit, dass erwachsene adoptierte Kinder sich austauschen können. Denn es tauchen Fragen auf.
Wie sahen meine Eltern aus? Was habe ich eigentlich geerbt und von wem? Wer bin ich?
Wo komme ich her? Wurde ich nicht gewollt? Ich denke, das ist eine kleine Auswahl an Fragen.
Und Sie, Frau Castronari, Sie kennen noch viel mehr.
Monika Castronari
Ja, Adoptierte wollen gerne wissen. Vorher habe ich zum Beispiel mein Talent zum Holzschnitzen. Oder warum liebe ich Musik und meine Adoptiveltern zum Beispiel überhaupt nicht?
Wie sehen meine abgebenden Eltern aus? Und es bleibt oft so ein nebulöses Gefühl zurück, wenn die keinen Kontakt zu ihren Herkunftseltern bekommen können. Ein Adoptierter hat mal zu mir gesagt, es ist so, als fehlt in seinem Lebenspuzzle einfach ein kleines Steinchen.
Trotzdem ist so eine Wurzelsuche zum Beispiel oft mit sehr ambivalenten Gefühlen verbunden. Also einmal dieser Wunsch zu sehen, woher komme ich? Woher sind meine Wurzeln?
Auf der anderen Seite aber auch Befürchtungen. Zum Beispiel, lässt sich meine Mutter auf so einen Kontakt überhaupt ein? Oder weist sie mich zum zweiten Mal zurück?
Oder was erwartet mich da, wenn ich meine Herkunftsfamilie kennenlerne? Möchte ich überhaupt wissen, was da wirklich läuft? Und all diese Sachen beschäftigen dann den Adoptierten oder die Adoptierte sehr.
Christiane Winkelmann
Ja, über die Fragen von Adoptierten werden wir gleich weitersprechen. Im nächsten Blog von mehr als Ja und Amen auf Radio Paradiso. Schönen guten Abend, Sie hören mehr als Ja und Amen auf Radio Paradiso.
Ich bin Christiane Winkelmann. Mein Thema heute ist der Adoptionsdienst Berlin. Frau Johannes, ab welchem Alter fangen denn diese Fragen bei adoptierten Kindern an?
Karola Yohannes
Ja, also es kommen zu uns oftmals auch schon Anfragen von Kindern mit den Adoptiveltern, also im Alter acht, neun, zehn Jahre, also auch schon relativ jung, dass die Kinder etwas wissen wollen. Also wir erwarten ja von den Adoptiveltern, dass sie so früh wie möglich ihr Kind aufklären, dass das Kind das von Anfang an weiß. Ich war in einem anderen Bauch, eine andere Frau hat mich geboren.
Und so mit dem Wachsen des Kindes wachsen Fragen. Und eine Hilfe ist, wenn die Eltern unsere Stelle besuchen und uns dann befragen, wie war das denn damals. Das ist immer dann gut, wenn die Herkunftsfamilie, also die leiblichen Eltern, keinen Kontakt halten können zu der Adoptivfamilie.
Und im Älterwerden, also Jugendlichenalter, Erwachsenenalter, verändern sich natürlich auch die Fragen.
Christiane Winkelmann
Ja, die sich verändernden Fragen. In der Selbsthilfegruppe, die es hier gibt, wenn Erwachsene, Adoptierte sich treffen, was sind da so die Hauptantriebsfedern?
Monika Castronari
Die Betroffenen erzählen sich gegenseitig ihre Adoptionsgeschichten und es tauchen Fragen auf, wie, warum bin ich weggegeben worden, soll ich mich dem stellen, meine Herkunftseltern kennenzulernen oder gibt es da überhaupt die Chance, die kennenzulernen. Andere können von ihren Erfahrungen berichten, die das schon gemacht haben. Und auch diese Begegnungen mit den Herkunftsfamilien, die sind ja immer so wirklich hochemotional.
Christiane Winkelmann
Die Begegnungen mit den Herkunftsfamilien. Ich glaube, man kann das ja kaum nachvollziehen, was da innerlich passieren muss, wenn man adoptiert ist und irgendwann seine Herkunftsfamilie wieder trifft. Was erleben Sie da hier?
Monika Castronari
Also es ist auf jeden Fall ein sehr, sehr berührender Moment mit sehr viel Herzklopfen. Beide Seiten wissen nicht genau, was sie erwartet. Dann sehen sich diese beiden Menschen und ganz oft habe ich es erlebt, dass sie sich spontan einfach umarmen und dann fließen auch Tränen.
Dann fangen die dann an, sich vorsichtig auszutauschen. Was für mich als Außenstehende dann dabei oft zu beobachten ist und was ich sehr interessant finde, ist, dass häufig Herkunftsmutter und adoptiertes Kind in völlig anderen Welten leben, aber gewisse Dinge einfach gemeinsam haben. Zum Beispiel, dass sie morgens Frühaufsteher sind oder dass sie die gleiche Art Musik lieben oder dass die Schrift exakt genau die gleiche ist oder beide auf die gleiche Sorgfältigkeit beim Schreiben achten.
Obwohl das adoptierte Kind vielleicht eben Abitur gemacht hat und gebildet ist und die Mutter eben diese Chance nicht hatte. Aber trotzdem sind da verbindende Elemente und das berührt die beiden dann natürlich auch.
Christiane Winkelmann
Das muss ja Wahnsinn sein. Zum Beispiel dieses Beispiel, das Sie genannt haben mit der Handschrift, die dann gleich ist. Haben Sie sowas auch erlebt?
Karola Yohannes
Also ich weiß zum Beispiel von einem kleinen Jungen, der kam mit seinen Eltern zehnjährig und wir wussten nur aus der Aktenlage etwas von der Herkunftsfamilie. Und die Adoptiveltern waren sehr auf der Spur, für ihren Adoptivsohn Gemeinsamkeiten zu suchen. Und das fand sich in den Interessen wieder, also Adoptiveltern sehr unsportlich, aber der Junge der absolut begeisterte Fußballfan wie sein leiblicher Vater.
Und das habe ich deutlich gespürt, dass das für den Jungen wie so ein Geschenk war, was er mit in sein Köfferchen packen kann, was er eben auch hat von seinen Wurzeln, was er weitertragen darf, auch wenn kein Kontakt da ist zu seinen leiblichen Eltern.
Christiane Winkelmann
Das muss man mal sacken lassen. Es ist auf jeden Fall ein ungeheuer vielfältiger, wichtiger und ich glaube auch oft sehr berührender und vor allem interessanter Beruf, den Sie beide da haben. Danke sehr herzlich für das Interview, Carola Johannes und Monika Castronari vom Adoptionsdienst Berlin.
Ja, vielen Dank. Ich danke Ihnen auch. Das war mehr als Ja und Amen auf Radio Paradiso.
Ich bin Christiane Winkelmann und ich wünsche Ihnen noch einen wunderschönen Sonntagabend.
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Betriebliches Eingliederungsmanagement
Was ist, wenn jemand im Beruf lange krank ist und er/ sie selbst und auch die Leitung nicht so richtig weiß, wie es weitergehen kann?
Jens Ziller, Leiter von Immanuel Dialog, spricht in der Sendung „Natürlich gesund“ auf Radio Paradiso über das Thema „Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)“.Julia Nogli: Radio Paradiso und Natürlich gesund. Was ist, wenn jemand im Beruf lange krank ist und keiner so richtig weiß, wie es weitergeht? Kollegen den Job vielleicht mitmachen müssen, die Stelle nicht neu besetzt werden kann und umgekehrt die betroffene Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer auch eine Zukunft sucht, aber doch eben nicht mit dem Chef oder der Chefin über seine Krankheit sprechen will.
Hier gibt es die Möglichkeit, das betriebliche Eingliederungsmanagement BEM in Anspruch zu nehmen. Darüber spreche ich mit Jens Ziller, systemischer Coach, Burnout-Therapeut und Leiter von Immanuel Dialog. Das ist eine Einrichtung der Beratung + Leben GmbH.
Guten Abend erst mal. Hallo.
Jens Ziller: Ja, schönen guten Abend.
Julia Nogli: Was ist das genau, betriebliches Eingliederungsmanagement?
Jens Ziller: Das betriebliche Eingliederungsmanagement, kurz genannt auch BEM, ist ein Angebot, ein freiwilliges Angebot für Arbeitnehmer in Unternehmen. Einerseits ist dieses Angebot für den Arbeitgeber verpflichtend. Also jede Einrichtung, jedes Unternehmen muss dem Arbeitnehmer so ein Angebot anbieten.
Auf der anderen Seite, wie gesagt, kann der Arbeitnehmer das annehmen, kann es aber auch ablehnen, ohne dass ihm hierdurch ein Schaden im Arbeitsverhältnis entsteht.
Julia Nogli: Und das betrifft ausdrücklich, es geht hier um Langzeiterkrankungen. Jemand, der jetzt wochenlang oder ein halbes Jahr krankgeschrieben ist.
Jens Ziller: Ja, genau, das ist so im Sprachgebrauch, dass es um Langzeiterkrankte geht. Aber das wird auf eine gewisse Weise zusammengezählt, die Arbeitstage. Das kann auch sein, dass es Arbeitstage sind, die immer wieder mal innerhalb eines Jahres passiert sind und letztendlich so sechs Wochen, also 30 Tage zusammenkommen.
Julia Nogli: Nimmt denn solche Problematiken zu? Oder ist das jetzt nur, dass man jetzt da auch mehr Hilfen heute hat oder nimmt es tatsächlich zu, dass Leute sehr viel krankgeschrieben sind?
Jens Ziller: Ja, Sie hören es ja überall in den Nachrichten. Vielleicht haben Sie auch viel davon berichtet von den Flughäfen und auch in anderen in den Krankenhäusern und so weiter. Ist das ein Thema, dass eben Erkrankungen, Fehlzeiten zunehmen und somit eben das BEM, also das betriebliche Einleitungsmanagement, immer mehr in den Fokus gerät?
Wie macht man das? Wie soll man sowas angehen? Wie verhalte ich mich hierzu?
Soll ich das annehmen? Soll ich es ablehnen? Und genau hier bestehen dann auch sehr viele Fragen.
Julia Nogli: Denn vermeiden will man ja damit auch, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einfach dann ausscheiden aus dem Betrieb. Das müsste eben nicht sein.
Jens Ziller: Genau. Der Arbeitgeber ist da wirklich daran interessiert, normalerweise, dass die Arbeitnehmer wirklich kontinuierlich am Arbeitsplatz sind und nicht so viele Ausfallzeiten haben oder nicht so viele Erkrankten beziehungsweise aus der Krankheit auch wieder zurückkehren. Es ist ja bekannt, dass man halt nicht so sehr mit dem Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis über seine eigenen Erkrankungen spricht.
Auf der anderen Seite ist es so, dass dann der Arbeitgeber letztendlich keine großen Informationen über die Erkrankungen und über den Gesundheitsverlauf hat, normalerweise. Und da ist eben dieses BEM, dieses betriebliche Eingliederungsmanagement, ein super Bindeglied zwischen den beiden Seiten, wenn man das so sagen will, um auch eine inhaltliche Verbesserung herzustellen und auch einen Kommunikationsweg miteinander herzustellen.
Julia Nogli: Also da gibt es praktisch eine Person, die mit beiden spricht und beide Informationen hat und das dann verbindet, ohne dass die beiden miteinander sprechen.
Jens Ziller: Genau, es kommt ein bisschen darauf an, wie das BEM innerhalb des Unternehmens gestaltet wird. Das ist auf verschiedene Art und Weise möglich. Wir bei Immanuel haben es so gestaltet, dass in erster Linie erst mal ein Erstgespräch, ein vertrauliches Erstgespräch stattfindet, also ohne Leitung und ohne weitere Personen.
Auf der einen Seite ist es ja auch klar, dass Mitarbeitende das Anrecht haben, eine Person des Vertrauens mit ins Gespräch zu nehmen. Das kann Verwandter, das können Partner, aber auch Betriebsrat sein. Das ist egal.
Ja, aber in der Regel findet das Gespräch erst mal zu zweit statt. Das ist freiwillig alles. Und dann kann man in diesem vertrauten Setting erst mal schauen, worum geht es eigentlich?
Wer ist denn in das BEM Verfahren mit einzubeziehen? Wo ist es sinnvoll, miteinander ins Gespräch zu kommen? Und welche Informationen, ganz wichtig, gehen hier über den Tisch und welche erst mal vorerst nicht?
Julia Nogli: Sie hören Jens Ziller, systemischer Coach, Burnout-Therapeut und Leiter von Immanuel Dialog, eine Einrichtung der Beratung + Leben GmbH. Wie lange so ein betriebliches Eingliederungsmanagement dauert, welche Maßnahmen es nach sich ziehen kann und welchen Erfolg es hat, zu all dem gleich mehr hier in Natürlich gesund auf Radio Paradiso. Nur Mut.
Es lohnt sich, das betriebliche Eingliederungsmanagement in Anspruch zu nehmen. So unser Thema heute hier bei Radio Paradiso in der Sendung Natürlich gesund. Mein Name ist Julia Nogli und mein Gast heute Abend ist Jens Ziller.
Er ist systemischer Coach und Leiter von Immanuel Dialog. Das ist eine Einrichtung der Beratung + Leben GmbH. Diese gehört zur Immanuel Albertinen Diakonie.
Und so hat man hier natürlich besonders viel Erfahrung im Krankenhaus und Pflegebereich. Was sind denn eigentlich die Hauptgründe, warum es zu langen Krankschreibungen kommt?
Jens Ziller: Das ist nicht ganz eindeutig zu sagen. Wir kennen natürlich die Statistiken, an welche Gründe im BEM genannt werden, woran so insgesamt Mitarbeitende erkranken. Ein hoher Anteil sind natürlich körperliche Erkrankungen, also Muskelrückenerkrankungen, aber auch sehr viele psychische Belastungen, die eine Rolle spielen, wo sich Mitarbeitende einfach mal eine Auszeit nehmen aufgrund von konkreten psychischen Belastungen.
Das spielt schon eine große Rolle. Die zwei Bereiche würde ich hauptsächlich benennen.
Julia Nogli: Und dann geht es darum, da vielleicht Hilfen zu finden, wie derjenige wieder vielleicht unter etwas veränderten Bedingungen in die Arbeit kommt. Was kann denn das konkret sein? Haben Sie da konkrete Ideen, was man jetzt ändern könnte?
Man kann ja nun nicht die Dienstpläne danach ausrichten oder die Arbeit auch nicht vollkommen verändern.
Jens Ziller: Ja, ich würde mal so anfangen. Wir fragen dann immer danach den Mitarbeitenden, was können Sie dafür tun, damit Sie wieder aus der Krankheit zurückkehren? Was kann der Arbeitgeber aus Ihrer Sicht unternehmen, damit Sie wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren beziehungsweise bei beiden Seiten nicht wieder erkranken?
Ja, es kommt auch sehr oft vor, dass die Person wieder im Arbeitsprozess ist, hat das BEM angeboten bekommen, geht wieder arbeiten und jetzt kommt das BEM. So, dann geht es darum, was müssen Sie tun, damit Sie nicht wieder erkranken? Umgedreht ja auch, dass man beim Arbeitgeber guckt, was kann der Arbeitgeber tun?
Und das kommt immer darauf an, welche Erkrankungen logisch da vorliegen. Und das können einerseits Arbeitserleichterungen sein, praktischer Natur, dass man guckt, gibt es Hilfsmittel am Arbeitsplatz, die eventuell eine Linderung versprechen oder auch Arbeitszeiten, Schichtarbeit und so weiter. Das muss beguckt werden, ob das vom Arbeitgeber oder beziehungsweise dem Arbeitgeber zumutbar ist, das einzurichten.
Manchmal ist es möglich, manchmal nicht. Man eröffnet aber gemeinsam eine Ebene, wo man sich das gemeinsam anguckt. Das allein schon, das ist sehr hilfreich oder kann hilfreich sein.
Julia Nogli: Nun gibt es das ja bei der Immanuel Diakonie schon seit 2013. Haben Sie da gute Erfahrungen, dass das wirklich funktioniert und sich lohnt sozusagen für alle?
Jens Ziller: Ja, auf jeden Fall lohnt sich das. Von beiden Seiten aus. Einmal der Arbeitnehmer hat erst mal Zeit im vertrauten Rahmen zu gucken, welche Möglichkeiten gibt es überhaupt?
Oftmals wissen die Arbeitnehmer gar nicht, welche Möglichkeiten ihnen zur Verfügung stehen. Auch von der Rentenversicherung gibt es etliche Hilfen, den Arbeitsplatz anderweitig zu erhalten. Und auch vom Arbeitgeber ist es eine Möglichkeit zu schauen, wie kann ich die Arbeitskraft des Arbeitnehmers erhalten?
Und wie kann ich diese Person, die unter Umständen schon jahrelang im Unternehmen arbeitet, mit ihrem Wissen, mit ihrem Know-how am Arbeitsplatz halten und, ja, dass die Person auch dem Unternehmen weiterhin zur Verfügung steht.
Julia Nogli: Sie haben im Vorfeld schon mir gesagt, es geht hier, weiß Gott, nicht nur um ältere Arbeitnehmer. Aber trotzdem will ich auf die jetzt mal schauen. Weil auch dazu haben Sie Zahlen, dass der Anteil der über 50-Jährigen allgemein gesellschaftlich, die irgendwo arbeiten, steigt einfach.
Und dass man sich dann natürlich auch kümmern sollte, dass die lange und noch mit Freude dabei sein können, oder?
Jens Ziller: Genau, das schließt an das an, was ich vorhin gesagt habe, dass eben immer mehr ältere Mitarbeitende in den Unternehmen sind und die haben ein großes Know-how. Diese Arbeitgeber da einfach ziehen zu lassen oder eine Erkrankung nicht anzusprechen, kann für einen Arbeitgeber ein großer Fehler sein. Es lohnt sich da wirklich noch mal einzusteigen und mit den Fachleuten, was eben die BIM-Berater sind, aber auch die angeschlossenen externen Hilfen wie Integrationsfachdienst oder Rentenversicherung noch mal ins Gespräch zu kommen.
Wie kann der Arbeitsplatz, wie kann das Know-how erhalten werden im Unternehmen?
Julia Nogli: Auch gelten ältere Arbeitnehmer ja als zuverlässiger. Es gibt also viele Gründe, sie möglichst im Unternehmen zu halten, auch wenn mal eine längere Krankschreibung oder auch gehäufte Krankschreibungen übers Jahr verteilt vorliegen. Es hilft, das Gespräch zu suchen und gegebenenfalls ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzufangen.
Vertraulich und freiwillig. Mehr zum Thema auch hier auf Paradiso.de und auch in wenigen Minuten hier in Natürlich gesund auf Radio Paradiso. Trotz langer Krankschreibung oder gehäufter Arbeitsunfähigkeit im Unternehmen bleiben dank BIM.
Das ist das betriebliche Eingliederungsmanagement. Darüber spreche ich hier in Natürlich gesund auf Radio Paradiso mit Jens Ziller, systemischer Coach, Burnout-Therapeut und Leiter von Immanuel Dialog, eine Einrichtung der Beratung + Leben GmbH. Dieses BIM ist ja ein freiwilliges Angebot.
Wie erfährt denn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer überhaupt davon?
Jens Ziller: Ja, wir bemühen uns natürlich im Unternehmen immer wieder darauf aufmerksam zu machen und auch Mut zu machen. Nehmt das in Anspruch. Ja, mit Flyern, mit Plakaten, auch in Gespräche fahren in die Unternehmen und berichten darüber.
Also es ist nicht so, dass wir nur in Immanuel tätig sind, sondern auch bei vielen Unternehmen bieten wir das an, machen darauf aufmerksam. Das gerät dann oft auch aus dem Gedächtnis, dass es sowas gibt. Also sprich, wir müssen dann immer informieren, jetzt hier auch im Radio.
Letztendlich ist es dann so, wenn diese sechs Wochen überschritten sind, bekommen die Mitarbeitenden hier bei Immanuel sofort vom Personalmanagement automatisiert einen Brief mit dem Inhalt oder mit der Anfrage Möchten Sie am BIM teilnehmen? Und dann natürlich auch ausführlich beschrieben, was das BIM ist. Und es wird aufgeklärt, dass es freiwillig ist.
Genau. Und dann muss dann der Arbeitnehmer sich entscheiden, möchte er daran teilnehmen oder nicht.
Julia Nogli: Wie hoch ist da etwa der Anteil, die da teilnehmen?
Jens Ziller: Ich schätze mal die Hälfte.
Julia Nogli: Ah ja, okay.
Jens Ziller: Nimmt es hier bei uns an.
Julia Nogli: Und wann ist es sozusagen beendet? Also gibt es da irgendwie so ein klares Ende oder nach ein paar Wochen ist dann Schluss oder nach ein paar Beratungen oder wie endet so etwas, so ein Prozess?
Jens Ziller: Das BIM ist sehr stark auf Maßnahmen ausgerichtet. Man entwickelt dann im Erstgespräch und in den weiteren Gesprächen mit den Beteiligten Maßnahmen, die wirklich in beide Richtungen gehen. Also was kann der Arbeitgeber tun?
Was kann die betroffene Person tun, damit die Erkrankung endet? Beziehungsweise was kann man dafür tun, dass man nicht wieder erkrankt? Ja, da stellt man Maßnahmen gemeinsam auf.
Protokollarisch wird das festgehalten. Das ist nochmal ganz wichtig. Ja, und alle Ideen, alle Maßnahmen vom Arbeitgeber und von dem Arbeitnehmer werden notiert.
Und man arbeitet so lange an diesen Maßnahmen, bis diese Maßnahmen beendet sind. Und dann ist auch ein BIM beendet. Das können natürlich sehr verschiedene Arten von Maßnahmen sein.
Persönliche, aber auch, wenn wir schon mal davon gesprochen haben, dass es sehr viele mentale, psychische Belastungen gibt. Eben auch, wenn vielleicht eine therapeutische Behandlung beendet ist, dann kann man dann schauen, ist das ausreichend? Also ist die Person jetzt stabil genug, um wieder in den Arbeitsprozess zu gehen?
Oder wenn die Person in Arbeit nach wie vor ist, sind sie stabil? Soweit stabil, dass eben eine Erkrankung in der Zukunft nicht mehr so wahrscheinlich ist.
Julia Nogli: Was sind denn die Menschen so wie Sie, die das anbieten, diese Gespräche führen von der Ausbildung her?
Jens Ziller: Grundsätzlich müssen sie natürlich eine Hochschulausbildung haben, Sozialpädagogen, Psychologen so und natürlich auch möglichst Zusatzausbildung haben, um eben in der Lage zu sein, sensibel genug für die Situation der Arbeitnehmenden tätig zu werden, aber auch die Fähigkeit, sich in den Arbeitgeber hinein zu versetzen und zu schauen, was braucht ein Arbeitgeber, um mit diesen Langzeiterkrankten umzugehen, um auch den Arbeitgeber und den Leitenden wirklich auch ein guter Ratgeber in diese Richtung zu sein.
Julia Nogli: Da gehört also auch Erfahrung und Fingerspitzengefühl dazu, wenn man ein solches BEM anbietet. Mehr dazu auch hier auf Paradiso.de in unserer Mediathek und in wenigen Minuten auch noch mal hier in der Sendung Natürlich Gesund auf Radio Paradiso. Willkommen nochmal zu Natürlich Gesund hier bei Radio Paradiso.
Es geht um das betriebliche Eingliederungsmanagement, kurz BEM genannt und sehr wichtig, wenn jemand sehr lange krank ist im Beruf oder sehr oft krankgeschrieben. Für das Unternehmen, wie aber auch für die Arbeitnehmerin, den Arbeitnehmer eine wertvolle Möglichkeit, den Arbeitsplatz zu erhalten. Experte im Studio ist Jens Ziller, Leiter von Immanuel Dialog, eine Einrichtung der Beratung + Leben GmbH.
Eine Frage, die sicher immer wichtig ist. Wie ist es denn mit dem Datenschutz? Es sind ja sehr persönliche Sachen, die da besprochen werden.
Jens Ziller: Genau, darauf legen wir ganz besonders großen Wert drauf, um einfach um ein vertrauliches Gespräch am Anfang des Verfahrens auch herzustellen. Sonst würde wohl kaum jemand über seine Krankheit mit einer völlig fremden Person sprechen. Das ist ganz wichtig, das nochmal am Anfang ganz deutlich zu machen, dass es absolut vertraulich ist.
Kein Wort, was im BEM Gespräch über den Tisch geht, wird nach außen dringen. Das bleibt alles zwischen dem BEM Berater, Beratenden und den Berechtigten. Nur also jedes weitere, jede weitere Information, die eben mit Leitenden oder mit externen Personen durchgeführt wird.
Da sprechen wir vorher ab, welche Informationen können wir im Gespräch nennen und welche nicht. Das wird vorher miteinander besprochen. Außerdem darf ich als BEM Berater nicht selbstständig mit externen Personen über die Personen sprechen.
Ich muss es immer vorher absprechen und auch genauestens abklären, was und welche Information darf ich da äußern? Und das ist natürlich die Grundlage, um auch ein inhaltlich aussagekräftiges BEM auch zu gestalten und letztendlich auch das BEM zum Erfolg zu führen. Ohne dem wird es halt nicht gehen.
Julia Nogli: Großes Thema ist ja auch Mobbing, aber das gehört hier nicht mit rein. Solche Dinge, da sind andere Stellen, die da beraten oder spielt sowas auch manchmal mit rein?
Jens Ziller: Ja, selbstverständlich. Also wenn man sich vorstellt, man hat es oft erlebt, wenn Kollegen oder auch Leitende, wie auch immer, wer auch immer das ist, mit mir im Konflikt gerät. Das geht mir natürlich nach.
Man überlegt und unter Umständen kann ich nachts deswegen nicht schlafen. Genauso gehe ich am nächsten Tag auf Arbeit. Ich bin sehr beschäftigt, paralysiert unter Umständen von diesem Gespräch, von diesem Übergriff unter Umständen.
Und jetzt kommt es natürlich sehr darauf an, welche Möglichkeiten, welche Optionen sieht die Person, der Mitarbeitende in der Situation, sich auf diese Situation zu verhalten? Also spreche ich denjenigen an, hole ich mir Hilfe, hole ich mir Beratung und so weiter und so fort, wenn das alles nicht gegeben ist und man sich das sozusagen, wenn man das herunterschluckt, das Problem, das kennen wir auch oft, dann kann es sein, dass es wirklich auch in Richtung Krankheit geht. Genau, dieses Aufzubrechen ist natürlich das BEM ein geniales Mittel dazu.
Man spricht das an, man spürt das ja auch, worum es inhaltlich geht beim BEM und kann das ansprechen und an Weiterleitende, an entsprechende Einrichtungen, wie zum Beispiel eine Mitarbeiterberatung, haben wir ja auch vor Ort bei Immanuel, verweisen, damit die Mitarbeiterberatung mit den Betroffenen dieses Problem ansprechen kann, Optionen erarbeiten, wie man das Problem eventuell lösen kann.
Julia Nogli: Also auch hier wieder nur Mut, hatten wir am Anfang gesagt, diese Dinge in Anspruch zu nehmen.
Jens Ziller: Genau, genau. Also das ist erst mal so in Richtung des Arbeitnehmers. Nehmt es in Anspruch.
Es kann nur ein Aufzeigen von Optionen sein, damit man sich auch gesünder fühlt. Niemand will krank sein. Das macht niemandem Spaß.
Das ist eine Situation, aus der man möglichst schnell wieder herauskommen will. Und hierfür ist es eine sehr gute Hilfe. Aber der Aufruf nur Mut betrifft auch die Arbeitgeber in diese Richtung genauso, auch mit derselben Intensität.
Haben Sie Mut, das BEM so einzurichten, dass es einen geschützten Rahmen gibt und der Arbeitnehmer im geschützten Rahmen seine Probleme darlegen kann und dann unter Umständen gemeinsam mit Leitung und mit den richtigen externen Partnern zu schauen, wie eben zum Beispiel eine Krankheit zu beenden ist.
Julia Nogli: Auch ein Appell von Jens Ziller an die Arbeitgeber, das betriebliche Eingliederungsmanagement anzubieten. Mehr dazu hier auf Paradiso.de in der Mediathek unter der Sendung Natürlich gesund. Einen entspannten und bezaubernden Abend wünsche ich Ihnen mit Radio Paradiso.
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Die Familienberatung Immanuel Beratung Pankow stellt sich vor.
Die Familienberaterinnen Anett Schwalbe und Regine Jürgens stellen die vielfältigen Hilfsangebote für Familien vor und berichten, wie eine Beratung ablaufen kann.